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Ukrainischer Weizen als Kriegsbeute

Russland betrachtet den Weizen in den besetzten Gebieten der Ukraine als Kriegsbeute. Laut einer Studie sollen seit Beginn der Invasion insgesamt 2,8…

Moskaus Lieferungen in die EU sind 2023 deutlich gestiegen.

 

Russlands Weizenexporte in die Europäische Union sind 2023 deutlich gestiegen. Insgesamt wurden 818.220 Tonnen in die Gemeinschaft geliefert; das waren 402.970 Tonnen mehr als im Jahr zuvor, was nahezu einer Verdoppelung entspricht. Darauf weist die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion hin. Diese Steigerung sei darauf zurückzuführen, dass Moskau nach dem Angriff auf die Ukraine den Weizen in den besetzten Gebieten als Kriegsbeute nutze und systematisch abtransportiere.

 

Eine Anfang 2024 in Zusammenarbeit mit der Weltbank erschienene Studie der Kyiv School of Economics (KSE) beziffere den Umfang der seit Kriegsbeginn durch Russland abtransportierten oder unbrauchbar gemachten Agrarprodukte auf 2,8 Mio. Tonnen Getreide und 1,2 Mio. Tonnen Ölsaaten.



Der Bundesregierung zufolge sind die umfangreicheren Weizenexporte Russlands aber vor allem eine Folge der höheren Inlandserzeugung. Während die russische Weizenernte laut Daten des Internationalen Getreiderats (IGC) im Wirtschaftsjahr 2014/15 erst bei 59,1 Mio. Tonnen gelegen habe, sei diese bis 2023/24 um 54% auf 91 Mio. Tonnen gestiegen. Dies gehe zurück auf eine Ausdehnung des Weizenanbaus von 23,64 Mio. Hektar auf 29 Mio. Hektar, die mit einer Steigerung des mittleren Hektarertrages von 25,0 auf 31,5 Dezitonnen einhergegangen sei.

 

Einfuhrzölle ein wirksames Instrument

Die Bundesregierung verweist darauf, dass derzeit höhere Einfuhrzölle der EU für russisches Getreide diskutiert würden. Diese Maßnahme diene dazu, eine Destabilisierung des EU-Marktes durch eine künftige erhebliche Umlenkung russischen Getreides auf den EU-Markt zu verhindern. Darüber hinaus würden russische Exporte von illegal angeeignetem Getreide, das in den Gebieten der Ukraine erzeugt worden sei, unterbunden. Gleichzeitig werde verhindert, dass Russland die Einnahmen aus den Ausfuhren in die EU - sowohl von eigenem als auch von illegal angeeignetem ukrainischen Getreide - zur weiteren Finanzierung seines Angriffskrieges gegen die Ukraine nutze.

 

Düngemittellieferungen stabil

Aus der Antwort der Bundesregierung geht aber auch hervor, dass sich trotz des Ukrainekrieges die Menge an mineralischen und chemischen Düngemitteln, die von der EU aus Russland importiert wurden, nicht verringert hat. Im Jahr 2014 bezogen die EU-Staaten insgesamt 2,313 Mio. Tonnen, und im Jahr 2022 waren es 2,454 Mio. Tonnen gwesen. Kräftig nach oben gegangen ist allerdings die Summe, die für diese Lieferungen gezahlt werden mussten. Diese belief sich 2014 auf insgesamt 534,6 Mio. Euro. Im Jahr 2022 mussten den russischen Exporteuren für die kaum größere Menge hingegen 1,450 Mrd. Euro überwiesen werden.

 

Mit Blick auf die Düngemittellieferungen schreibt die Bundesregierung, dass aus ihrer Sicht Einfuhrzölle auf russische erdgasbasierte Chemiegrundstoffe eine potenzielle Möglichkeit darstellten, um Moskaus Einnahmen zur Finanzierung seines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges gegen die Ukraine zu schmälern. Die Zölle müssten aber so ausgestaltet werden, dass die humanitäre Situation in Drittstaaten, insbesondere die Ernährungssituation in Entwicklungsländern, nicht beeinträchtigt würde. Anderen Maßnahmen, sofern sie die globale Verfügbarkeit erdgasbasierter Chemiegrundstoffe beeinflussen, steht die Bundesregierung kritisch bis ablehnend gegenüber. AgE